Skiunfall?

Wirklich interessant ist ja, wie die Mitmenschen reagieren, wenn man im Rollstuhl sitzt. Seit mein Körper diese Krankheit hat, verbringe ich ca. 90% meiner Zeit zu Hause. Wenn ich aber doch mal rausgehe, komme ich mir häufig vor wie im Zoo. Mir ist es ja sowieso schon unangenehm in diesem blöden Rolli zu sitzen und ich möchte am Liebsten überhaupt nicht auffallen. Und bloß nicht auf jemanden treffen, den ich kenne. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn man bekommt auch so viele Angebote zur Kontaktaufnahme. Es ist erstaunlich, wie unverfroren einige Leute einen auf der Straße anglotzen. Dirk glotzt mittlerweile zurück, ich schaue einfach weg. Mir doch (leider nicht) egal! Damit meine ich nicht die Kids, die gucken natürlich auch, aber das stört mich überhaupt nicht. 
Völlig distanzlos finde ich immer diese Fragen von fremden Leuten, die mir mal eben so über den Weg laufen, oder die mit mir an der Kasse anstehen. "Skiunfall?" ist um diese Jahreszeit sehr beliebt, " Was haben Sie denn gemacht?" geht immer und wird auch gerne genommen. Neulich meinte doch tatsächlich jemand, der beim Spazierengehen unseren Weg kreuzte, ob er mich fragen darf, warum ich im Rollstuhl sitze- what?
Die Skiunfall/ Sportunfallfrage ist mir lieber, da kann ich dann einfach kurz mit "Ja" antworten. Ich habe doch überhaupt keine Lust, jedem meine Story zu erzählen. Zumal das so genau wahrscheinlich sowieso niemand wissen möchte. Man möchte einfach nur mal fragen, gerne auch, um die Gelegenheit zu nutzen, von eigenen Verletzungen und daraus folgenden Rollstuhl- oder Krückenerfahrungen zu berichten.
Vielleicht bin ich jetzt  auch ein bißchen ungerecht. Sicher meinen es die meisten Leute nur nett. Ich hatte auch schon sehr angenehme Begegnungen mit wirklich mitfühlenden Menschen, die mir gut getan haben. Aber gerade heute hat mich so eine Sportunfallfrage auf dem falschen Fuß erwischt und schwirrt mir noch im Kopf herum.
Dann gibt es noch das Phänomen des Unsichtbar seins, sozusagen das andere Extrem.
Es ist Dirk und mir schon häufiger passiert, dass Leute nur mit ihm sprechen, wenn es um meine Belange geht. Also er hinter dem Rollstuhl steht und dann auch konsequent nur mit ihm kommuniziert wird. Auch wenn ich etwas sage, wird weiterhin er angeschaut. Da kommt man sich dann ganz schön blöd vor. So wie neulich am Flughafen in Dallas beim Sicherheitscheck: Beamter zu Dirk:" Can she walk?", Ich: " No", Beamter zu Dirk: "Can she stand on both feet with her arms up?" Ich: "No", Beamter gibt Dirk Anweisungen, was ich machen soll. Wirklich absurd und irgendwie schon wieder lustig...
Anscheinend kann man es mir nicht recht machen, beachtet werden will ich nicht und ignoriert werden auch nicht. Nein, ich will einfach normal! Und, wie einer meiner Lieblingssänger, Niels Frevert, singt:
Ich bin ganz normal empfindlich!

Kommentare

  1. Ach, Mensch. Das verstehe ich gut. Ich finde es sehr, sehr erstaunlich und befremdlich, dass Menschen so unverhohlen starren, wenn sie etwas für sie Ungewöhnliches sehen. Ich starre auch gern zurück - und dann dauert es manchmal unfassbar lang, bis das Gegenüber peinlich berührt wegschaut. Ich denke, vielen Menschen ist nicht bewusst, was sie gerade mit ihrem Gesicht veranstalten und wie das von außen aussieht und wirkt.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen