Suicide Disease

So wird Morbus Sudeck/CRPS im Englischen auch genannt. Weil tatsächlich manche Menschen die Schmerzen einfach nicht mehr aushalten. Es gibt die Schmerzskala von Mc Gill, zum Beispiel erhältlich beim
 CRPS Netzwerk. Dort ist CRPS als Krankheit mit den schlimmsten Schmerzen ganz oben auf der Skala angesiedelt, noch über Amputationsschmerzen. Und ich kann sagen-es ist manchmal wirklich brutal. Ich habe das große Glück, dass meine Schmerzattacken zwar heftig sind, aber mittlerweile nur ziemlich kurz andauern. Alleine das Wissen darum, dass es vergeht, hilft mir schon ungemein. 

Ich habe alle möglichen Schmerzzustände. Immer wenn ich denke, ich kenne schon alle, kommt wieder irgendein neues Phänomen hinzu. Ist wahnsinnig kreativ, so ein Nervensystem. Am Schlimmsten ist es im Winter. Ich habe ein sogenanntes kaltes CRPS. Das bedeutet, dass Fuß und Unterschenkel am betroffenen Bein eigentlich immer kalt sind, manchmal ist es ein Unterschied von 5 Grad zum gesunden Bein. Mein Fuß fühlt sich dann an, als hätte er im Schnee gesteckt und würde jetzt wieder langsam auftauen. So ein wirklich fieses Brennen ist das. Und dieses Brennen hält auch leider oft über Stunden an. Aufwärmen funktioniert nur an Dirks Bauch! Kein Witz. Ich habe alles mögliche versucht. Es hat entweder gar keinen Effekt, oder verursacht Schmerzen. Ich baue mir oft so eine Art Sauna mit sehr heißen Wärmflaschen, die ich dann neben mein Bein lege und dann eine Decke darüber. Das hilft aber auch nur fürs Gefühl, die Temperatur meines Fußes bleib davon unbeeindruckt. Also, wie gesagt, ab auf Dirks Bauch mit dem Fuß. Aber bloß nicht zu lange. Denn Herr Sudeck kann auch ganz anders. Nämlich in Windeseile von eiskalt auf warm und entzündet umschalten. Und das ist dann so richtig schmerzhaft. Es ist immer wieder erstaunlich, was in diesem Körperteil so vor sich geht. Es führt ein Eigenleben, ganz autonom und vorschreiben lässt es sich schon mal gar nichts. 

Im letzten Winter waren wir für mehrere Wochen auf den Kanaren. Mir ging es soviel besser dort. Also haben Dirk und ich beschlossen, dass wir ein Winterdomizil brauchen. Im November fliegen wir nach Teneriffa und schauen uns nach Wohnungen um. Ich liebe den Sommer und die Sonne, habe sieben Jahre in Spanien gelebt und könnte bei schönem Wetter den ganzen Tag draußen verbringen. Wer jetzt glaubt, Sonne und Wärme müssten bei einem kalten CRPS doch guttun, der hat die Rechnung ohne Herrn Sudeck gemacht. Denn Temperaturen über 27/28 Grad mag er auch überhaupt nicht. Die Folge sind Entzündungserscheinungen wie Schwellungen, Verfärbungen und natürlich Schmerzen. Und das auch, wenn ich mich gar nicht draußen aufhalte. 

Manchmal bekomme ich auch Spastiken. Dann schießt ganz plötzlich ein starker Schmerz irgendwo in den Fuß und die Muskeln machen dicht. Das heißt, dass ich meine Zehen, mein Fußgelenk, oder auch beides dann gar nicht bewegen kann. Dieser Zustand hält für 15 min. oder eine Stunde an, einmal waren es sogar 24 Stunden. Das hatte ich zum Glück nun schon längere Zeit nicht mehr, denn das ist wirklich ein ätzendes Gefühl, wenn das Gehirn den Befehl zum Bewegen gibt, der aber nicht im betroffenen Körperteil ankommt. 

Ich hatte in diesem Blog ja schon erwähnt, dass ich kein Freund von Schmerzmitteln zur Dauermedikation bin. Also musste ich für mich einen anderen Weg finden, mit den Schmerzen umzugehen. Und natürlich mit allem anderen, was die Krankheit so mit sich bringt. Nach den Kälteanfällen und Schmerzattacken bin ich immer total müde und ausgelaugt. Es scheint meinen Körper sehr viel Energie zu kosten. Es fällt mir dann schwer, mich zu konzentrieren und ich kann mich nur hinlegen. Zum Glück gibt es Podcasts, denn lesen ist auch meist zu anstrengend.  Und natürlich ist das Hoffen auf Besserung und die immer wieder folgenden Rückschläge für die Psyche belastend. Auch kann ich nur noch sehr eingeschränkt in meinem Beruf arbeiten. Das meiste, was ich mir aufgebaut hatte als Yogalehrerin und was ich geliebt habe zu tun, ist nicht mehr möglich. Freizeitaktivitäten wie Klettern, Wandern, Fahrrad fahren etc., fallen flach. Ich bin bei vielen Dingen auf Hilfe angewiesen. Ich versuche immer, nicht zu schauen, was nicht mehr geht, sondern mich über das zu freuen, was noch (oder seit meinem USA Aufenthalt wieder) möglich ist. Also nicht ins Mangelbewußtsein zu gehen. Manchmal passiert das natürlich, aber hole mich da schnell wieder raus. Das bringt mich ja nicht weiter. Das richtige Mindset ist so wichtig, um mit dieser Krankheit umgehen zu können und sie eben nicht zu einer suicide disease werden zu lassen. Über den Umgang mit Schmerzen und wie man aus der Opferrolle raustritt und der Krankheit etwas entgegensetzen kann, habe ich, gemeinsam mit einer auch an CRPS erkrankten Coaching Kollegin aus der Schweiz, ein Webinar gegeben, zudem uns Reiner Krutti von HeartMath Deutschland eingeladen hat. Unten kannst Du es in voller Länge ansehen.


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